8 Antworten zu “Wie den Facebook Account löschen?”

  1. Matthias sagt:

    Ich war Social Networks gegenüber von Anfang an misstrauisch. So kam es auch, dass ich nach einem halben Jahr in StudiVZ meine Sachen dort gepackt habe. Damals wollte man damit beginnen, die Profildaten für personalisierte Werbung auszuforschen. In meinem Abschiedsschreiben habe ich meine damaligen „Freunde“ u. a. mit diesen Worten gewarnt:

    Auf jeden Fall möchte ich euch hier nicht verlassen, ohne die Gründe für meine Entscheidung darzulegen:

    Das was man in den letzten Jahren mit dem strahlenden Begriff Web 2.0 getauft hat, ist entgegen dem was man als wenig Sachkundiger unter diesem Begriff vielleicht verstehen mag, keine „neue Version des Internet“, sondern (abgesehen von ein paar positiven Ausnahmen wie wikipedia) eine erschreckend deutliche Entwicklung hin zum gläsernen Menschen. Kurz zu „Web 2.0“: Als Web 2.0 bezeichnet man vor allem eine neue Ära von Interaktionsmöglichkeiten im WWW, welche durch immer höhere Datenraten und die zunehmend flächendeckende Verfügbarkeit von Breitbandinternet eingeläutet wurde. Hinzu kam eine technische Entwicklung, welche Web-Anwendungen ein dynamisches Nachladen von Information ermöglichte und so zu einer verbesserten Bedienbarkeit des Internet geführt haben. So wurden Anwendungen wie GoogleMaps möglich (dynamisches Laden des Kartenmaterials, ohne neuen reload), aber auch solche wie Youtube, welche massig Videomaterial verbreiten und damit enorm Bandbreite benötigen. Das zur technischen Seite. Web 2.0 Dienste wie Youtube bieten aber v. a. eines: Die Möglichkeit für jeden, sich selbst darzustellen. Google hat gemerkt, dass die Daten die man über solche Anwendungen sammeln kann, Gold Wert sind, und hat dementsprechend auch Mrd.-Beträge gezahlt – für eine Software, die jeder Informatikstudent in einem halben Jahr zusammenbasteln würde! Google ging es um die Daten der vielen naiven Leute die sich dort förmlich exhibitionieren! Und nachdem Google vorgemacht hat wie es geht, zogen alle Weltkonzerne nach: Facebook (geschätzer „Wert“ 10 Mrd US-Dollar): Allianz mit Microsoft, MySpace: Medienmogul Rupert Murdoch (ca. 580 Mio), StudiVZ: Holtzbrinck (85Mio.), SchülerVZ, Google Earth, GoogleMaps, GoogleMail…

    Was macht diese Anwendungen, welche bis auf letzere fast alle von jungen Studenten geschrieben wurden, so wertvoll?

    Es sind die unvorstellbaren Massen von privaten Daten und vor allem die Vernetzung davon! Eine Goldgrube für kapitalgetriebene Verkaufsstrategen/ Marketingterroristen. Über die persönlichen Kontakte die jeder von uns pflegt, über Wohnort, Lieblingsfarbe bis zur politischen Gesinnung, ALLES veröffentlichen wir hier im guten Glauben, dass der zierliche deutsche Datenschutzdamm Sturmfluten von Dollarscheinen standhält, welche internationale Konzerne mit Hurrikangewalt dagegendrücken.

    Web 2.0 ist für mich die Verdichtung und Zentralisierung von Daten über unsere Identität auf automatisierten Rechensystemen von Konzernen, welche mehr Kapital besitzen, wie manches Dritte-Welt Land als Bruttosozialprodukt aufweisen kann.

    Man muss auch erkennen, dass viele dieser Systeme in den USA stehen, einem Land welches sich „zum Schutz der Heimatfront“ schon per Gesetz Zugriff auf alle im Land verfügbaren Informationen gestattet. Daten sind die neue Währung!

    Es sei darauf hingewiesen: Keine Meinung zu diesem sensiblen Thema bzw. Desinteresse oder einfach nur Resignation ist eine falsche Einstellung, welche Folgen haben wird. Wir haben ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ich nutze es!

    Matthias

    • Count Krey sagt:

      Tja und die meisten deiner Freunde haben sicher so reagiert: Mir doch egal, was die mit meinen Daten machen, ich habe kein Problem damit.

      Oder? ;-)

    • Marc Stenzel sagt:

      Danke für deinen ausführlichen Kommentar.

      Es gibt jedoch auch eine Kehrseite: Im harten Konkurrenzkampf um (Daten der) Nutzer locken Social Media Anwendungen mit zweifellos sehr wertvollen, aber dennoch kostenlosen Diensten. Man kann diese Dienste ja auch nutzen, ohne zu viel über sich preiszugeben. Niemand ist gezwungen, Facebook oder Google+ seine (echten) Geburts- oder Adressdaten mitzuteilen, selbst der Name lässt sich gut verschlüsseln (wie wäre es mal mit einem neuen zweiten Vornamen?).

      Ich flute absichtlich das Internet mit unzutreffenden persönlichen Daten. Security by Obscurity klappt heute wohl nicht mehr – mit oder ohne Social Media Profilen. Dagegen sehe ich in Security through Confusion eine echte Chance. Think about it.

      Wer Facebook tatsächlich (wahrheitsgemäß) alles mitteilt, was Facebook wissen möchte (und Facebook vielleicht sogar noch Zugriff auf sein Adressbuch gewährt), dem ist tatsächlich nicht mehr zu helfen. Aber das muss ja niemand.

  2. Matthias sagt:

    @Count Krey:
    Im Grunde ja. Der Standardspruch ist ja: „Ich hab doch nichts zu verbergen…“
    Trotz meiner Warnung ist keiner aus diesem System ausgestiegen. Das „Soziale“-Netz wirkt hier wie ein klebriges Spinnennetz, der Kleister sind die sozialen Beziehungen, welche wir ja alle bestrebt sind, aufrecht zu erhalten, außerdem die Möglichkeit, sich im Besten Licht jedem anderen zu präsentieren. Jene, die diese Dienste intensiv nutzen, wird es massive Überwindung kosten, sich daraus zu lösen, denn zweifelsohne werden bestimmte persönliche Verbindungen gekappt oder zumindest geschwächt werden. Schlimm, dass Menschen heute schon in diesen Netzen gefangen werden, bevor sie überhaupt zu einer kritischen Reflektion ihres Handelns in der Lage sind (siehe SchülerVZ).

    FB u. Co. sind die modernen Rattenfänger, sie treiben Ihr Spiel jedoch nicht nur in Hameln.

    @Mark Stenzel:
    Welchen Wert hat Facebook/G+ für Dich, wenn Du keine korrekten Daten angibst? Suchst Du Dir dann auch „falsche Freunde“?
    Ist dein Name oder Geburtstag wirklich das einzige identifizierende Merkmal? Ist es nicht die Summe deiner Aktivitäten, dein Beziehungsnetz und alles, was Du – und Deine Freunde über Dich – in Facebook in ein irgendeiner Weise preis geben, was dich identifiziert?. Woher weist Du, dass nicht einer deiner Freunde einmal die Beziehung zwischen deinem Realnamen und deinem Pseudonym herstellt. Ich nehme an, dass es eine Möglichkeit in FB gibt, die vom Mobiltelefon hochgeladenen Adressdaten mit den FB-Accounts zu verknüpfen?!

    Weiterhin glaube ich nicht, dass die „Privatsphäre“-Einstellungen FB davon abhalten, die wirklich interessanten Informationen über Dich weiterhin zu sammeln. Sie sind meiner Überzeugung nach nur ein Vorhang, mit dem Du Dich vor zuviel Publicity schützen kannst? Es ist aber nicht der 08/15 Nutzer vor dem man seine Daten schützen muss, sondern der Betreiber der Plattform. Er hält das gesamte Wissen.

    Sicherlich auch interessant wäre der Aspekt der Beeinflussbarkeit von Massen in Sozialen Netzen durch künstlich erzeugte Personas.

    • Marc Stenzel sagt:

      Das Problem ist, dass nicht wir alleine darüber bestimmen, ob unsere persönlichen Daten in Sozialen Netzwerken landen: Naive bis dümmliche „Freunde“ öffnen Facebook ihr Adressbuch und enthüllen somit dieser Plattform unsere kompletten Kontaktdaten (und oft viel mehr), oder sie berichten über uns („war gestern mit xxx bei yyy-Party“), oder sie veröffentlichen mit unseren Namen getaggte Fotos. Besonders übel: Wenn man sich Facebook kategorisch verweigert, dann hat man kaum eine Chance, von diesem Datenmissbrauch überhaupt zu erfahren.

      Security by Obscurity funktioniert also nicht mehr, wir müssen uns andere Konzepte überlegen.

  3. Matthias sagt:

    Genau das ist das Problem. Insofern hilft, wenn überhaupt, nur der sparsame und kritische Umgang mit solchen „sozialen“ Diensten. Letzeres erfordert leider auch ein gewisses Grundverständis darüber, wie das Internet technisch und seine Beteiligten ökonomisch funktionieren um die Reichweite des Ganzen zu erkennen.

    Wissen Sie, wieviele Dienste im Netz in der Hand von Google sind? Wissen Sie wieviele Firmen in den letzen Jahren ins Google-Imperium eingekauft wurden? Ich hab keine genauen Zahlen, aber schon wenige Namen sprechen Bände: AdMob, TwentyThreeAndMe (siehe Wikipedia).

    Man liest, dass die amerikanischen Geheimdienste dank Facebook viel Geld sparen können. Weiß FB heute nicht genauer über unser tägliches Leben Bescheid, als es die Stasi je gekonnt hätte?

    Leider machen sich vor allem kommerzielle Webseitenbetreiber zu Handlangern von FB, Google, Twitter und Co, wenn sie Dienste wie Google Syndication, Analytics oder Facebooks „Like-Button“ in ihre Webseiten einbauen.
    Bei dem Verbreitungsgrad, den diese „Marketinginstrumente“ heute erlangt haben, ermöglichen sie es ihren Schöpfern, den User nahezu auf Schritt und Tritt durch das Web zu verfolgen. Der User muss selbst Maßnahmen ergreifen und seinen Web-Client entsprechend konfigurieren, will er aus deren Fängen befreien. Aber wieviel Prozent der Bevölkerung sind dazu in der Lage? Max Mustermann benutzt seinen Client out of the box und da ist er offen wie ein Scheunentor.

    Dabei wächst der Einfluss der großen im Web entlang zweier Achsen: Zum einen, weil das Internet heute immer weiter in unser tägliches Leben vordringt (Mit den modernen Smartphones hat es sich bereits zu unserem allgegenwärtigen Begleiter gemacht). Zum anderen erhalten sie von dem naiven Web-Nutzer mit jedem Tag mehr Informationen, wodurch das Bild, das sie von ihm erhalten, immer detailierter wird.

    • Marc Stenzel sagt:

      Matthias, das ist alles schön und gut, und wie du an meinen Blog-Themen siehst, beschäftige ich mich ebenfalls intensiv und kritisch mit Social Media.

      Nur – Facebook, Google, der CIA und natürlich viele andere werden trotzdem weiter unsere Daten sammeln und sortieren. Die Aktivitäten deutscher Datenschützer und Law & Order Politiker werden es zwar vielleicht schaffen, einige Wähler mit der Vision eines „deutschen Disney-Internet mit Mauer“ zu ködern, ändern werden sie an der Entwicklung jedoch nichts. Die Büchse der Pandora ist bereits geöffnet.

      Was wir brauchen, sind – neben dem phantastisch guten Ratschlag, vorsichtig mit der Veröffentlichung persönlicher Daten umzugehen – prinzipiell neue Konzepte. Der Vorstoß sogenannter Internet-Exhibitionisten („Privatsphäre ist sowas von Eighties“) ist eine Möglichkeit. Ich (und andere) arbeiten eher in Richtung Data-Poisoning. Weitere Ideen sind gefragt.

  4. Matthias sagt:

    Ich glaube nicht, dass die vollständige Entkleidung ein gangbarer Weg ist. Jene die in beschreiten zeigen entweder ihre eigene Ohnmacht, Resignation oder vollkommene Dummheit. Mehr Information erlaubt auch mehr Manipulation. Nicht umsonst spielt Informationsvorsprung im Krieg eine zentrale Rolle.

    Ich glaube allerdings auch nicht wirklich, dass Data-Poisoning im Einzelnen viel bringen wird.. Es lässt sich relativ leicht herausfinden, welcher Datensatz reale Daten enthält und welcher nicht – reine Statistik:
    Wenn man einen Datensatz als eine Koordinate in einem mehrdimensionalen (Merkmal-)Raum betrachtet, dann werden „vergiftete“ Daten entlang auffällig vieler Dimensionen eine statistisch signifikante Abweichung vom Erwartungswert zeigen. Der Merkmalraum, in welchem die genannten Firmen schürfen können, besteht aus einigen 100 Dimensionen.

    Im großen Maßstab, d.h. ein paar Millionen falsche Datensätze erhöhen unter ein paar hundert Millionen realen Datensätzen vielleicht das Grundrauschen. Moderne Filter-Algorithmen sind diesbezüglich aber sehr robust.

    Wir brauchen keine neuen Konzepte. Altbekanntes hilft auch:

    1. Aufklärung – dazu leistet dieser Blog gewiss einen wertvollen Beitrag obwohl ich vermute, dass er nicht die Breitenwirkung hat die ich mir wünschen würde.

    2. Kritischer Umgang mit Medien im Allgemeinen – wird man von der breiten Masse wahrscheinlich trotzdem nicht erwarten können

    3. Dezentrale Datenhaltung auf einem System, das meiner Kontrolle untersteht, sprich meinem Computer. Ein System bei dem ich die Authorität darüber habe, wer meine Daten bekommt. Ein Ansatz, der in diese Richtung geht ist das Projekt Diaspora (www.joindiaspora.com).
    Wer Zugriff auf meine Daten haben will, muss sich bei mir autorisieren, sei es über ein Passwort oder ähnliches. Unten eingeblendete CAPTCHAs können (momentan noch) recht zuverlässig vor einem maschinellen Zugriff schützen.